KRISS KYLE

Die schottische Wildkatze

Da Kriss Kyle offen zugibt Höhenangst zu haben, fällt es mir schwer zu begreifen, was er unter „Angst“ versteht. Wenn man ihn auf YouTube sucht, landet man nämlich sofort bei einem Video, in dem er mit dem Fahrrad von einem Helikopter aus auf eine Rampe auf einem Wolkenkratzer in Dubai springt. Er lässt den Stunt kinderleicht aussehen.

Sich den größtmöglichen Gefahren auszusetzen ist ein unumstrittener Teil des BMX-Fahrens. Dieser Sport ist einfach unkonventionell, waghalsig und häufig von einer Leidenschaft geprägt, die für diejenigen, die sich nicht wirklich damit auskennen, oft nur schwer zu verstehen ist. Aber dennoch benötigt man dafür Eigenschaften, die viele gerne besitzen würden: Mut, Durchhaltevermögen, sowie Einklang von Körper und Seele, um ihrer Kreativität freien Lauf lassen zu können.

All diese Eigenschaften sind ein Muss für angehende BMX-FahrerInnen, die sich diesem Sport voll und ganz widmen wollen.

Wenn man allerdings hinter die Fassade dieser verrückten Videos blickt und sich nicht nur den Ruhm dieser FahrerInnen auf YouTube und den Sozialen Medien ansieht, merkt man schnell, dass hinter jedem atemberaubenden Stunt jahrelange harte Arbeit und absolute Überzeugung in den BMX-Sport liegen.

In Schottland, wenn nicht sogar auf der ganzen Welt, ist Kriss Kyle definitiv der BMX Star schlechthin. Seine Bescheidenheit, Dankbarkeit und Offenheit sind genauso viel wert, wie seine Stunts auf dem Fahrrad.

Seine Erfolgsgeschichte, die ihn sprichwörtlich bis nach ganz oben geführt hat, steckt voller wunderbarer filmreifer Momente. Wenn man sich aber einmal gründlich mit der Realität befasst, ist sie nahezu erstaunlich.

Im Alter von 14 Jahren zog Kriss von zu Hause aus, um im Gebäude des Skateparks Unit 23 Skatepark in der schottischen Kleinstadt Dumbarton leben zu können. „Schon damals hatte ich den Traum Profifahrer zu werden. Da ich aber aus einer Kleinstadt in Schottland komme hätte ich mir das nie träumen lassen. Das schien damals einfach nicht möglich zu sein. Meine Liebe zu diesem Sport hat mich aber immer weiter machen lassen. Ich kann immer noch nicht glauben, dass meine Eltern mir das einfach erlaubt haben.“

Kyles Geschichte wäre perfekt für jede Biographie - Ein tollkühner junger Mann, der früh von zu Hause auszieht und alles auf eine Karte setzt, um seine Träume zu erfüllen.

Hinzu kommt noch sein sanftes Wesen. Von außen betrachtet mag sein Fahrstil kraftvoll, faszinierend und äußerst waghalsig erscheinen, dahinter befindet sich jedoch ein ruhiger, gewitzter und sehr kreativer Mensch.

Einfach auszuziehen mag für viele 14-jährige wie ein Traum erscheinen. Der Unit 23 Skatepark befand sich allerdings in einem Lagerhaus aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, das zunächst gebaut worden war, um Flugzeugteile für die britische Luftwaffe zu bauen. Anschließend diente es als Flaschenfabrik, die bei Anbruch der Dunkelheit leer stand, da alle ArbeiterInnen nach Hause gingen. Ich habe dort komische Geräusche gehört. Ganz ehrlich, ich hatte eine Höllenangst.“

Obwohl er kein Geld für Lebensmittel hatte, sich fast ausschließlich von Süßigkeiten ernährte und in ungewaschener Kleidung unterwegs war, gibt Kriss offen zu, dass er diese Zeit geliebt habe und sie auf keinen Fall missen wolle. Sie habe seine Zukunft nachhaltig geprägt.

Dieser Lebensabschnitt mag einem wie eine extreme Erziehungsmaßnahme erscheinen, dennoch erfährt man durch diese Geschichte schnell, dass Kyle, der schwierige Zeiten wahrscheinlich etwas anders definiert, als die meisten anderen Menschen, niemals einen konventionellen Lebensweg einschlagen würde.

KRISS KYLE
KRISS KYLE
KRISS KYLE

Das Wort Vermächtnis wird oft im Zusammenhang mit SportlerInnen verwendet und Kriss Kyle hat sich seines in der BMX-Welt schon gesichert. Warum also noch einmal ganz von vorne anfangen und mit dem Mountainbiken beginnen?

„Letztenendes fahre ich für mich selber und nicht, um anderen gerecht zu werden.“

Es stimmt zwar, dass es, wie bei allen Fahrrädern, Ähnlichkeiten zwischen 20 Zoll Stahlrahmenrädern und 29 Zoll Vollcarbonrädern gibt, man sich allerdings innerhalb der Subkulturen der jeweiligen Sportarten häufig mit Argwohn betrachtet. „Ich finde es toll, dass viele Leute, wie Loosedog oder Kade Edward jetzt sowohl BMX als auch Mountainbike fahren. BMX SportlerInnen, wie zum Beispiel Matt Roe fahren jetzt Mountainbike. Wir machen alle das, was wir lieben, nämlich Fahrrad fahren.

Kriss Kyles Karriere ist aus reiner Willenskraft und persönlichem Engagement entstanden. Egal, ob man Anfänger auf dem Laufrad oder ein erfahrener Profi ist, jeder/e kann diesen Sport ganz individuell ausüben. Kriss hat ein inneres Selbstbewusstsein aufgebaut und steht voll und ganz zu seinen Entscheidungen. „Letztenendes fahre ich für mich selber und nicht, um anderen gerecht zu werden.“

Das ist eine erfrischende Einstellung, die auf dem Wunsch beruht immer weiter zu wachsen und neue, kreative Stunts zu erschaffen. Da er so eine wilde Frohnatur ist, passt er einfach perfekt zu Enduras etabliertem Motto Renegade Progress - Fortschritt durch Rebellion. Klar ist ein Sponsorenvertrag von Vorteil, es sind aber diese echten, authentischen Beziehungen, bei denen eine natürliche Verbindung zwischen den beiden Parteien entsteht, die sich jeder/e Fahrer/in, der/die eine gewisse Haltung vertritt, wünscht.

Der Einfluss, den Kriss Kyle auf viele Jugendliche in Schottland hat, ist unübersehbar. Viele junge Menschen möchten in seine Fußstapfen treten, in dem sie Grenzen ausreizen und Erwartungen übertreffen. Die Vielseitigkeit der heimischen Landschaft hat sicherlich auch dazu beigetragen.

Mal ehrlich, Kriss könnte überall auf der Welt leben, dennoch hat er sich dazu entschieden in der Nähe seiner Heimat zu bleiben und die Möglichkeiten dort voll und ganz auszuschöpfen. „Ich habe gemerkt, dass ich in einem Mountainbike-Paradies lebe. Warum sollte ich das also nicht ausnutzen?“

Es ist allerdings nicht so, dass Kyle nicht schon einmal daran gedacht hätte, nach „San Diego, oder einen dieser ikonischen Orte“ zu ziehen. Trotz des vielen Regens freut sich Kriss Kyle aber immer wieder nach Hause zu kommen.

„Ich habe gemerkt, dass ich in einem Mountainbike-Paradies lebe. Warum sollte ich das also nicht ausnutzen? ... Es gibt niemanden, der dich in deiner Freiheit einschränkt ...“

„Ich freue mich immer wieder Heim zu kommen. Dieses Land hat etwas ganz besonderes. Ich habe noch nie ein anderes Land mit einer so schönen grünen Landschaft gesehen! Alle meine Freunde leben in Schottland. Ich bin 8 Kilometer vom Flughafen und 16 Kilometer vom Unit 23 Skatepark weg. Außerdem hab ich die Mountainbike Trails in den Bergen direkt vor der Haustür. Besser könnte es gar nicht sein. Es gibt viel frische Luft. Ich glaube es ist einfach das beste Land, in dem ich je war.“

All das mag sehr romantisch klingen, in vielen anderen Ländern hat man aber auch einfach nicht die Möglichkeit so frei zu leben. Die Möglichkeit mit seinem top gefederten Fahrrad jederzeit Neues zu entdecken bietet ihm genau die Freiheit und Verbundenheit mit seinem Heimatland. „Es gibt niemanden, der dich in deiner Freiheit einschränkt.“ Es ist die Freiheit, die einem das Land bietet. Genau deshalb habe ich mein Signature BMX Rad von BSD Freedom genannt - geh hin wohin du willst, fahre wie du willst.“

KRISS KYLE
KRISS KYLE
KRISS KYLE
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KRISS KYLE

„Die Natur bietet einem die Chance noch kreativer zu werden, da es dort nicht eben ist, wie in der Großstadt. Es kommt oft vor, dass ich etwas sehe und damit herum experimentiere, nur um herauszufinden, was sich damit anstellen lässt.“

Der Unterschied zwischen den Großstädten, den Wäldern, den Hügeln und den Schluchten Schottlands bietet ein großes Kontrastprogramm. Wahrscheinlich fahren deshalb auch so viele Leute Mountainbike. „Man kann Natur regelrecht fahren. Die Natur bietet einem die Chance noch kreativer zu werden, da es dort nicht eben ist, wie in der Großstadt. Es kommt oft vor, dass ich etwas sehe und damit herum experimentiere, nur um herauszufinden, was sich damit anstellen lässt.“

Weniger als 10% der britischen Bevölkerung leben in Schottland, was bedeutet, dass das Land viel Platz und unzählige Möglichkeiten zum Experimentieren bietet. Es ist ideal für jemanden, der „immer neue Dinge ausprobieren möchte, das werde ich nie abschalten können.“

Nach einer kurzen Pause erzählt Kriss mir lachend: „Manchmal frage ich mich, wird das jemals enden? Die Suche nach neuen Möglichkeiten ist mein ständiger Begleiter, ich kann das einfach nicht abstellen.“

Es wird klar, dass Kyle, wie es bei Schotten oft der Fall ist, sehr stolz auf seine Herkunft ist. „Ich habe vorher noch nie darüber nachgedacht, aber ich bin so schottisch, das ist fast schon unwirklich“, sagt er mit einem ansteckenden Lachen.

Und obwohl wir herzhaft darüber lachen, ist diese Tatsache ein wichtiger Faktor, wenn es um Kyles Beziehung zu Endura, eine Firma, die seit 26 Jahren in der schottischen Kleinstadt Livingston beheimatet ist, geht. Authentizität ist das Stichwort bei vielen Marketing Seminaren auf der ganzen Welt. Letztenendes stimmt es aber; wahre Heimatverbundenheit ist unbezahlbar. Sowohl Kriss Kyle als auch Endura sind jetzt internationale Marken und beide fühlen sich ihren Wurzeln noch sehr verbunden.

„Es gibt so viele Gründe dankbar zu sein, denn damit ist ein Traum wahr geworden.“

Es war gar nicht so leicht Kyles Heimatverbundenheit mit seiner neuen Signature Ausrüstung zu vereinen. Es bedurfte unzähliger Skizzen, bevor man sich von einer anderen schottischen Ikone, Kyles eigener Katze, inspirieren ließ. „Ich habe ein Foto von ihrem Rücken gemacht und nun befindet sich sein Muster auf dem Rücken meines Shirts. Das ist einfach verrückt und bedeutet mir unendlich viel.“

Zusammen mit Kyles Tartanmuster ist diese unverwechselbare Ausrüstung die perfekte Gelegenheit, um „zu sehen, was alles möglich ist und etwas zu erschaffen, dass einen emotionalen Wert hat. Das gleiche gilt für meine Tattoos, die haben alle eine Bedeutung.“

Die Partnerschaft zwischen Endura und Kriss Kyle steckt noch in den Kinderschuhen. Wir kehren aber wieder gemeinsam zu etwas zurück, was von großer Bedeutung ist - Freiheit. „So viel Freiheit zu haben und diese Unterstützung zu erfahren ist einfach unglaublich, vor allem, da Endura ja ganz in der Nähe ist. Und BSD ist auch nur einen Katzensprung entfernt. Es ist einfach großartig zwei schottische Firmen gleichzeitig repräsentieren zu können. Es fühlt sich einfach richtig an.“ Bei allem, was er tut, ist klar, dass Kriss immer neue Dinge auszuprobieren möchte, und das gilt auch für seine Signature Ausrüstung, für den Endura gerne eine Plattform bietet, damit Kyles Vorstellungen in die Wirklichkeit umgesetzt werden können.

Kriss Kyles Bescheidenheit ist wirklich überraschend, aber vielleicht ist es meine eigene Ignoranz, die hier zu Tage getragen wird. Auf Grund seiner Geschichte, die voller Risiken und Leidenschaft steckt, ist es wenig überraschend, dass Kriss lachend hinzufügt: „Ich kann es nicht glauben, ich werde mit einem Kumpel um die ganze Welt reisen. Dabei werde ich mich immer wieder fragen, wer das ganze bezahlt. Ich meine, wer hätte das gedacht? Es gibt so viele Gründe dankbar zu sein, denn damit ist ein Traum wahr geworden.“


FOOTNOTES Words by Tommy Wilkinson, Photos by Eilidh McKibbin and Chaz Mailey. Dumbarton, Scotland, UK

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