Daniela Bleymehl überquerte bei der Challenge Roth zweimal in Folge in acht Stunden und 43 Minuten die Ziellinie, was ihr im Jahr 2018 den Sieg und dieses Jahr den dritten Platz einbrachte. Mit dem Beginn ihrer siebten Saison als Profi-Athletin gewährt uns die vierfache Ironman Long Distance Gewinnerin nun einen Einblick in ihre Anfänge und zeigt uns, was man mit der richtigen Mischung aus Leidenschaft und Entschlossenheit alles erreichen kann.
„Überall liegt alles rum, ich hasse es zu packen,“ sagt Daniela Bleymehl lachend. Wir treffen die 31-jährige im hessischen Darmstadt , wo sie während unseres Besuchs für das Trainingslager in der Schweiz fertig packt. Vor nur wenigen Wochen hat Daniela bei der Challenge Roth Bronze geholt. Jetzt befindet sie sich wieder voll im Training, um sich auf das letzte, und auch ikonischste Event der letzten Saison vorzubereiten: die Ironman Weltmeisterschaften in Kona, Hawaii.
Jedes Jahr im Oktober kommen bei diesem Event die besten Long Distance TriathletInnen der Welt zusammen, um sich unter gnadenlosen Bedingungen miteinander zu messen. In den Lavafeldern Hawaiis können die Temperaturen bis auf 38°C ansteigen, während einem der Gegenwind aus dem Norden mit 48km/h entgegen bläst und somit das Fahren mit Scheibenrädern nicht zulässt.
Dies ist allerdings nicht Danielas erste Teilnahme in Hawaii. Vor drei Jahren belegte sie den 77. Platz und beendete das Rennen mit einem Endstand im zweistelligen Bereich - eher eine Ausnahme für Bleymehl, die schon öfter Ironmen im einstelligen Bereich beendet hatte. „Das war mein schlechtestes Rennen. Ich bin danach im Krankenhaus gelandet,“ räumt Bleymehl ein. „Ich hatte so viele Schmerzen, dass ich die letzte Stunde des Marathons zu Fuß gegangen bin.“ Gleich nach dem Überqueren der Ziellinie wurde sie mit Verdacht auf eine Blinddarmentzündung ins Krankenhaus gebracht. „Im Krankenhaus dämmerte mir dann, dass es vielleicht nicht die schlauste Entscheidung war, das Rennen bis zum Ende durchzuziehen. Aber es war mein erstes Mal in Kona und Aufgeben war für mich keine Option.
DEN BLICK STETS NACH VORNE GERICHTET
Bleymehls Saison 2019 verlief, genau wie ihre erste erste Erfahrung in Kona, nicht ganz glatt. Auf der anderen Seite haben diese Rückschläge eine unerschütterliche Entschlossenheit in ihr hervorgebracht, die für diesen Extremsport zwingend erforderlich ist. Im Juli musste sie während des Ironman Frankfurt abbrechen, da sie sich im Vorfeld eine Viruserkrankung zugezogen hatte. „Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass es kein gutes Rennen werden würde. Dieses Gefühl der Unbehaglichkeit stellt sich allerdings bei Langstreckenrennen öfters ein. Ich dachte, ich würde mich irgendwann schon wieder besser fühlen,“ erklärt Bleymehl. „Es ist einfach schwer aufzuhören, selbst wenn es einem wirklich schlecht geht. Du denkst die ganze Zeit, warum sollte ich aufgeben, wenn ich noch Chancen habe, in Führung zu gehen.“ Letztenendes hat sie dann in Frankfurt nach der Fahrraddisziplin abgebrochen. Daniela gibt selbst zu, dass sie früher hätte abbrechen sollen. Dennoch hatte sie genug Zeit sich rechtzeitig zur Challenge Roth eine Woche darauf zu erholen. „Ich war so glücklich, dass ich die Chance hatte in Roth dabei zu sein. Wenn ich mich in Roth genauso schlecht gefühlt hätte, wie in Kona, wäre das nicht so toll gewesen. Es ist wichtig, immer nach vorne zu schauen und ein neues Ziel zu finden."
Bleymehls Erfolg in Roth, nur eine Woche nachdem sie in Frankfurt abbrechen musste, ist wirklich bemerkenswert, vor allem, wenn man bedenkt, wie hoch sie ihre Messlatte im Jahr zuvor gelegt hatte. Letztes Jahr brach Bleymehl dann den deutschen Langstreckenrekord. Sie holte den Titel mit einem neunsekündigem Vorsprung vor der Britin Lucy Charles-Barclay. „Es war ein harter Kampf Lucy einzuholen,“ meint Bleymehl. „Beim Schwimmen lag ich sieben/acht Minuten hinter ihr zurück. Ganz am Schluss habe ich es dann geschafft aufzuholen und mir blieb nicht mehr viel Zeit Lucy zu überholen!“ Der Sieg in Roth war Bleymehls dritter Long Distance Sieg innerhalb von zwei Jahren. Im italienischen Emilia-Romagna schaffte sie es dann sogar noch, die Saison 2018 mit ihrem vierten Sieg zu beenden.
„Als Kind wollte ich immer gewinnen, immer die Beste sein. Ich wusste von Anfang an, dass ich an Wettkämpfen teilnehmen wollte,“ erklärt Bleymehl. „Mein Vater hat immer gesagt, ich könnte so gut werden, wie ich nur wollte. Er hat mich immer unterstützt, mich aber nicht unter Druck gesetzt.“
In diesem Jahr belegte sie bei der Challenge Roth den dritten Platz, und das, obwohl sie sich erst in letzter Minute angemeldet hatte. Sie schaffte es zudem ihre Bestzeit noch um 26 Sekunden zu toppen und holte wieder einmal den Tagessieg beim Fahrradfahren. Bleymehl brauchte lediglich 4:36:17, um die 180km-Strecke zurückzulegen, ein Durchschnitt von ungefähr 39 km/h. Damit schaffte sie die Fahrradstrecke 16 Sekunden schneller, als die amtierende Challenge Roth Rekordhalterin Chrissie Wellington und war drei Minuten schneller, als die diesjährige Gewinnerin in Roth, Lucy Charles-Barclay.
Es ist also kein Wunder, dass Bleymehl in der Fahrraddisziplin selbstbewusst zu sein scheint. „Das Fahrradfahren lag mir schon immer, vor allem die schweren Touren, die einem technisches Können abverlangen. Am liebsten fahre ich flache Hügel mit schweren Abfahrten. Ich mag aber auch Touren, bei denen man richtig schnell fahren kann,“ sagt sie und meint: „Dank der Ausrüstung, die ich jetzt habe, habe ich auch mehr Selbstbewusstsein beim Schnellfahren.“ Bleymehls Tri Suit von Endura ist mit SST ausgestattet, einer Silikontechnologie, die einen so schnell werden lässt, dass sie sogar von der UCI verboten wurde; gemäß der Regulierungen der Internationalen Triathlon Union (ITU) aber zugelassen ist. „Die Ergebnisse der Tests im Windtunnel waren unglaublich. Dank des Suits bin ich 8 Watt schneller unterwegs, als mit der zweitbesten erhältlichen Ausrüstung.“
Beim Gespräch mit Bleymehl wird einem schnell klar, dass sie eine angeborene Willenskraft besitzt. Bleymehl, geborene Sämmler, die in Heppenheim, in der Nähe von Frankfurt aufwuchs, hat schon immer hart trainiert. Bereits im Alter von 9 Jahren schwamm sie achtmal die Woche und konnte anschließend mit 11 Jahren ihren ersten Triathlon gewinnen. Inwiefern wurde sie wohl von ihren Eltern beeinflusst? „Als Kind wollte ich immer gewinnen, immer die Beste sein. Ich wusste von Anfang an, dass ich an Wettkämpfen teilnehmen wollte,“ erklärt Bleymehl. „Mein Vater hat immer gesagt, ich könnte so gut werden, wie ich nur wollte. Er hat mich immer unterstützt, mich aber nicht unter Druck gesetzt.“
Dabei ist es wenig überraschend, dass Daniela Bleymehl nicht die erste in ihrer Familie ist, die an einem Ironman teilnimmt. Lange bevor sie auf die Welt kam, nahm ihr Vater an Rennen in seiner Altersklasse teil und konnte sich somit das langersehnte Ticket nach Hawaii sichern. „Im Jahr 1988 konnte er sich dann für das Rennen in Kona qualifizieren. Er kam dort aber nie an, da ich im August auf die Welt kam!“
SICH DER LONG DISTANCE STELLEN
Obwohl sie ihre ersten Rennen gewinnen konnte, ohne extra dafür trainieren zu müssen, hatte sie es nie auf eine Karriere als Triathletin abgesehen. „Ich wollte eigentlich Osteopathin werden,“ meint Daniela. „Ich hatte gerade mit dem Studium begonnen, als ich schwanger wurde. In Deutschland dauert es ganze 8 Jahre, bis man sich als Osteopathin qualifizieren kann und die Arbeitszeiten sind von 7 Uhr morgens bis 5 Uhr abends jeden Tag. Man kann sein Kind auch nicht zur Arbeit mitnehmen und somit habe ich mich gegen diesen Beruf entschieden.“
„Dieses erste Rennen war etwas ganz Besonderes,“ meint sie und erinnert sich. „Die letzten 10km sind hart, aber es war großartig den roten Teppich entlang zu laufen.“
Genau zu dieser Zeit bot Erdinger Alkoholfrei Bleymehl, die bereits Mitglied in der Jugendmannschaft der Marke war, die Chance als professionelle Triathletin an den Start zu gehen. Wenn man bei Erdinger zustimmt als Profi anzutreten, heißt das normalerweise auch, dass man lange dabei bleibt. „Es war ein ungeschriebenes Gesetz, dass Long Distance das tägliche Ziel sein sollte,“ erklärt sie. „Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich mich entscheiden musste, ob ich professionelle Triathletin werden wollte, oder ob ich mir nicht doch lieber einen anderen Job suchen sollte. Aus diesem Grund habe ich im Jahr 2012 dann mit einem Experiment begonnen.“
Und es hat sich ausgezahlt: 20 Monate nach der Geburt ihres Sohnes Marlon, trat Bleymehl bei ihrem ersten Long Distance Rennen an, der Challenge Barcelona-Maresme. Sie belegte den dritten Platz und sicherte sich somit für das kommende Jahr einen Platz im Profiteam. „Dieses erste Rennen war etwas ganz Besonderes,“ meint sie und erinnert sich. „Die letzten 10km sind hart, aber es war großartig den roten Teppich entlang zu laufen.“
AUF DEM PODIUM ZU HAUSE
Zwei Jahre später holte sie ihren ersten Ironman Titel. „Der Sieg auf Mallorca war etwas ganz besonderes,“ sagt sie. „Ich konnte es bis zum letzten Kilometer nicht fassen, dass ich gewinnen würde.“ Seitdem konnte Bleymehl - wenn man ihre Half und Long Distance Siege zusammen nimmt - ganze 20 Podiumsplätze für sich ausmachen. Der Erfolg hat aber bekanntlich auch seine Schattenseiten, denn es entsteht ein Druck, dieselbe Leistung immer und immer wieder zu erbringen. „Nachdem ich in Roth gewonnen hatte, spürte ich noch mehr Druck, vor allem in mir drin,“ erklärt Bleymehl. „Ich hatte das Gefühl, dass es sehr schwer werden würde, diese Performance noch zu überbieten.“ Jetzt, da sie kurz vor ihrer siebten Saison als Profi steht, räumt Bleymehl ein, dass sich ihre Motivation etwas geändert hat. „Zu Beginn wollte ich immer gewinnen und die Beste sein und jetzt... Bitte versteht mich nicht falsch, ich will immer noch Rennen gewinnen, aber jetzt sehe ich das Ganze eher wie eine Reise. Meine Leidenschaft ist noch immer gleichermaßen vorhanden, allerdings ist mein Job jetzt mein Leben.
„Es ist ganz einfach: Ich will mich fit fühlen und jeden Tag an meiner Gesundheit arbeiten. Die drei Disziplinen im Triathlon bieten einem so viele Möglichkeiten, Nuancen zu verbessern. Egal wie gut man ist, Perfektion ist unerreichbar, wenn ihr wisst was ich meine.“
„Es vergeht fast kaum ein Tag, an dem ich nicht trainieren möchte. Es ist ganz einfach: Ich will mich fit fühlen und jeden Tag an meiner Gesundheit arbeiten. Die drei Disziplinen im Triathlon bieten einem so viele Möglichkeiten, Nuancen zu verbessern. Egal wie gut man ist, Perfektion ist unerreichbar, wenn ihr wisst was ich meine.“
Es ist ganz offensichtlich, dass Bleymehl nicht zum Training gezwungen werden muss, deshalb ist es auch kein Wunder, dass sie sich selbst coacht. „Ich bin ein wenig anders als andere Profis. Da ich eine Familie habe, bedeutet das, dass ich neben dem Sport noch einen weiteren Vollzeitjob habe. Ich glaube, wenn ich einen außenstehenden Trainer hätte, könnte dieser nur schwer verstehen, wann ich eine Pause brauche. Dieses Freiheitsgefühl, schwimmen, laufen und Fahrradfahren zu gehen, wann immer ich möchte, meine Tage frei nach eigenem Belieben gestalten zu können, also mein eigener Herr zu sein, ist ein Privileg, das ich dank des Triathlonsports genießen darf.
Es ist offensichtlich, dass Bleymehl ihren Sport liebt. Sie liebt ihn so sehr, dass sie auf die Frage, welchen Teil ihres Berufs sie am wenigsten mag, antwortet, dass sie nie genug kriegen könne. „Ich möchte an mehr Long Distance Rennen pro Jahr teilnehmen. Man muss sich nach jedem Rennen allerdings wieder von den psychischen und physischen Strapazen erholen und sich dafür genügend Zeit lassen. Das ist das Schwierigste daran.“
„Ich habe keinen leichten Job, aber einen großartigen,“ meint Bleymehl. „Ich werde nicht mein ganzes Leben lang Triathletin sein können. Ich kann das Wein trinken mit Freunden also getrost in die Zukunft verschieben!“ Und sie wird dann höchstwahrscheinlich auch weniger Zeit mit Kofferpacken verbringen...
FOOTNOTESWords by Janine Doggett, Photos by Isaak Papadopoulos. Darmstadt, Germany
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