Als Jim McFarlane Anfang der 90er Jahre Endura gründete, hatte er nur eines im Sinn: Langlebigkeit. Dieser Grundsatz hat das Unternehmen zu dem gemacht, was es heute ist: Einer der Marktführer in Sachen Fahrradbekleidung. „Bei der Firmengründung ging es darum, die FahrerInnen primär vor allem zu schützen, was ihnen in ihrer Umwelt in die Quere kommt“, erklärt McFarlane. „Da Umweltschutz nun zu einem der brisantesten Themen unserer Zeit geworden ist, steht für uns bei Endura fest, dass sich das Wort Schutz nicht nur auf RadfaherInnen beziehen muss.“ Durch diese Erkenntnis wandelte sich auch die Perspektive des Unternehmens: „Ich denke jetzt viel mehr darüber nach, wie wir die Umwelt schützen können“, meint Jim McFarlane.
Die Textilindustrie steht bei der Umweltdebatte immer mehr im Fokus, denn sie sorgt nach der Ölindustrie für die zweithöchsten Kohlenstoffemissionen weltweit. Somit hat auch der Begriff Fast Fashion - also schnelllebige Mode - mittlerweile eine negative Bedeutung erlangt. Im Gegensatz zu Fast Fashion setzt Endura auf Kleidung, die lange getragen werden kann. Nichtsdestotrotz ist sich die Firma bewusst, dass sowohl firmenintern, als auch in der gesamten Modebranche weltweit noch viel getan werden muss. Ein Start in die richtige Richtung ist dabei schon gemacht: Enduras Fahrradbekleidung ist seit 2018 PFC-frei und beschädigte Kleidung wird vom hauseigenen Reparaturservice wieder tragbar gemacht. Außerdem werden 1% des Nettogewinns der Firma an wohltätige Zwecke gespendet. Klar ist aber auch, dass es noch vieler weiterer Schritte bedarf.
DIE EIGENTLICHEN BAUSTELLEN
„Es gibt drei fundamentale Bereiche, die die Umwelt nachhaltig beeinflussen“, erklärt Pamela Barclay, Mitgründerin und Markendirektorin bei Endura. „Das Einfärben der Textilien, der Energieverbrauch der Produktionsstätten und der Produktlebenszyklus.“ Während Endura das Einfärben der Kleidungsstücke beeinflusst, indem das Unternehmen nur mit umweltbewussten Fabriken zusammenarbeitet, kann es die Energieinfrastruktur in China nicht ändern, oder die Wiederverwertungsfrage von Kleidung im Alleingang lösen. Letzteres stellt eine große Herausforderung für die Branche dar. Wenn zum Beispiel eine Endura Short an einen Secondhand Laden gespendet wird oder in die Altkleidersammlung wandert, kann es sein, dass diese auch nicht umweltverträglicher entsorgt wird, als der Großteil anderer Kleidung. Sie endet normalerweise auf den Mülldeponien in den Entwicklungsländern, wird weggeworfen, oder verbrannt.
Endura, jetzt Teil der Pentland Group, betreibt Forschungsarbeit, um einen chemischen Recyclingprozess einzuführen, der massentauglich ist und die Modebranche, und vielleicht sogar das Verhalten der Regierung, nachhaltig verändern kann. Die Herausforderungen liegen bei der Infrastruktur, für deren Wandel es Jahre bedarf. Uns geht allerdings die Zeit aus, wie Jim McFarlane betont. „Das, worauf wir uns jetzt konzentrieren müssen, ist der Klimanotstand“, sagt er. „Wenn die Pole einmal geschmolzen sind, werden sie nicht so schnell wieder gefrieren. Deshalb haben wir die ‚One Million Trees Initiative‘ ins Leben gerufen.“
BÄUME PFLANZEN ALS PRIORITÄT
Da sich die Messwerte der weltweiten Kohlenstoffemissionen im Jahr 2019 auf dem höchsten Stand befanden, gilt der sehr einfache Befund von WissenschaftlerInnen, dass die kostengünstigste und effektivste Weise, die Kohlenstoffemissionen in der Atmosphäre zu senken durch das Pflanzen von Bäumen erzielt werden kann, als Durchbruch. Forschungen der schweizer Universität ETH Zürich¹ belegen, dass die Wiederaufforstung nicht nur eine der Lösungen für den Klimawandel ist, sondern bei schnellem Handeln auch die beste Lösung sein kann.
Endura ruft die ‚One Million Trees‘ Initiative ins Leben, welches die Wiederaufforstung fördert. Dieses Projekt ist keine einmalige Sache. In den nächsten 10 Jahren werden jedes Jahr eine Million Bäume gepflanzt. Um all diese Schritte einleiten zu können, musste Endura Abstriche in anderen Bereichen machen. Deshalb werden nun Geschäftsreisen mit dem Flugzeug reduziert und die jährliche Vertriebskonferenz des Unternehmens wird mit Hilfe von digitaler Vernetzung stattfinden. Desweiteren werden Marketingkampagnen, wie das Sponsoren von AthletInnen bei der WorldTour, von der Agenda gestrichen. „Umweltkampagnen stehen einfach an erster Stelle, da dies unserer Meinung nach die richtige Entscheidung ist“, erklärt Barclay. „Es geht darum einen Anfang zu machen, um die wichtigste Aufgabe unserer Zeit zu bewältigen, nämlich den Klimawandel.
Wenn sich jedes Unternehmen dazu verpflichten würde seiner Größe entsprechend Bäume zu pflanzen, könnten wir etwas verändern. Zum Bäume pflanzen braucht man keine internationalen Handelsabkommen und man ist auch nicht auf den politischen Willen seines Landes angewiesen, man kann es einfach so machen“, fügt sie hinzu.
„Wenn sich jedes Unternehmen dazu verpflichten würde seiner Größe entsprechend Bäume zu pflanzen, könnten wir etwas verändern.“
In Mosambik hat Enduras ‚One Million Trees‘ Projekt schon begonnen. Die Gemeinden vor Ort sind fleißig dabei Mangroven am Flussdelta zu pflanzen. Diese wasserreichen Bäume verfügen über eine unglaubliche Kapazität, Kohlenstoff aufzunehmen. „Die Gegend, in der die Bäume gepflanzt werden, wird von der Regierung verwaltet. Somit können wir sichergehen, dass die Mangroven nicht wieder gefällt werden“, meint Pamela Barclay.
Das Pflanzen der Bäume wird dabei behilflich sein, erodierten Boden wiederzubeleben. Zusätzlich schafft es Arbeitsplätze und bringt die ganzen Umweltvorzüge von Mangroven mit sich: Sie dienen als Barrieren bei Stürmen, erhalten Bodensatz und schützen wichtige Flussökosysteme. Und, was am wichtigsten ist, diese Bäume fangen eine Menge an Kohlendioxid auf. „Mangroven binden sehr viel Kohlenstoff pro Hektar, genauso viel, wie ein Regenwald“, meint Barclay. „Die Bäume nehmen den Kohlenstoff aus der Luft aus, ungefähr 937 Tonnen pro Hektar im Jahr. Das sind über 12 kg Kohlenstoff pro Baum pro Jahr. Der aufgenommene Kohlenstoff wird dann in die Wurzeln geleitet. Die Mangroven können sehr viel davon aufnehmen. Der ganze Prozess ist also selbsterklärend.“
Dieses Projekt wird nicht nur in Mosambik stattfinden, sondern auch auf heimischem Boden. In Schottland wird das Unternehmen 80.000 Birken pflanzen, damit auch diese Kohlenstoff aufnehmen können. „Wir haben nur einen Planeten, deshalb pflanzen wir überall Bäume, wo es schnell geht, günstig ist und ausreichend Schutz vorhanden ist“, meint Barclay.
„Wir pflanzen Bäume, wo wir nur können, denn wir haben nur diesen einen Planeten.“
Mit der ‚One Million Trees‘ Initiative macht Endura bereits einen großen Schritt in die richtige Richtung. Dennoch ist das Unternehmen noch lange nicht mit sich zufrieden. „Wir werden weiterhin hart daran arbeiten, Nachhaltigkeit langfristig in der gesamten Produktpalette und im ganzen Unternehmen zu verankern. Es liegt aber noch ein steiniger Weg vor uns“, räumt Barclay ein.
FÜR EINE BESSERE ZUKUNFT
Endura wird im Jahr 2020 aber nicht nur Mangroven und Birken pflanzen, sondern auch das MadeKindProduktzertifikat der Marke Berghaus auf die eigenen Produkte übertragen. Dieses Zertifikat steht für eine umweltverträglichere Widerverwendungsmöglichkeit des Endprodukts. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sollen daher alle Endura Produkte mit MadeKindausgezeichnet werden. Hinzu kommt noch, dass dieses Jahr ein Recyclingprogramm zur Wiederverwertung von benutzten Plastiktüten innerhalb der gesamten Lieferkette eingeführt wird. Außerdem werden biologisch abbaubare Maßnahmen weiter erforscht und es werden Versuche unternommen, Endura Kleidungsstücke aus vollständig recycelnden Materialien herzustellen. „Ein Kleidungsstück aus vollständig recycelten Materialen herzustellen ist eine gute Option. Das Problem ist aber immer noch die Wiederverwertung, denn es besteht ein Unterschied zwischen recycelt und recycelbar “, erklärt Jim McFarlane.
„Wir arbeiten hart daran, Nachhaltigkeit langfristig in der gesamten Produktpalette und im ganzen Unternehmen zu verankern. Es liegt aber noch ein steiniger Weg vor uns.“
Endura hofft, dass es innerhalb der nächsten 20 Jahre normal sein wird, Kunststoff chemisch zu recyceln. „Wir versuchen einen nachhaltigen Prozess aufzubauen, der sich über die gesamte Produktherstellung erstreckt, sodass unsere Muttergesellschaft Pentland sich mit der Bekleidungsindustrie in Verbindung setzen kann und das Ganze im großen Stil funktioniert. Letztenendes muss die gesamte Modebranche sich dann an die Regierung wenden, dass diese die nötige Infrastruktur bereitstellt“, meint McFarlane. „Ich habe jetzt definitiv mehr Wissen in Sachen Nachhaltigkeit, als noch vor einem Jahr. Es gibt aber noch viel zu lernen und sich nach und nach weiterzubilden. Wir behaupten nicht, dass wir alle Antworten auf die wichtigen Fragen parat haben“, sagt er.
Diese Art von Wiederverwertung ist eine gute Sache: Recycling reduziert sowohl die Anzahl der Kleidungsstücke, die auf der Müllkippe landen, sowie den Verbrauch von Rohstoffen. „Das Thema Recycling ist wirklich interessant und im Idealfall eine Endlosschleife, nicht wie beim mechanischen Recycling“, erklärt McFarlane.
DAS RICHTIGE TUN
Was man unter interessant versteht ist natürlich subjektiv. Es ist einfach darüber zu berichten, wie unglaublich der Aerodynamik des neuesten Skinsuits ist. Es ist dagegen schon schwieriger, die Menschen von den positiven Folgen der fraktionierten Destillation von gebrauchter Fahrradbekleidung zu begeistern. Es geht Endura aber nicht darum, was sich marketingtechnisch besser verkaufen lässt. „Sich mit Recycling zu beschäftigen kann langweilig, unübersichtlich und kompliziert sein, aber es ist dringend notwendig. Man bekommt vielleicht weniger Medienpräsenz, aber es geht um eine Sache, die von tatsächlicher Relevanz für die ganze Welt ist.“
„Sich mit Recycling zu beschäftigen kann langweilig, unübersichtlich und kompliziert sein, aber es ist dringend notwendig.“
„Das, womit wir uns jetzt beschäftigen, sind die relevanten Dinge, die hinter den Kulissen stattfinden, es sind nicht die Dinge, die man bei einer hippen Markteinführung vorfindet. Allerdings kann man in 20 Jahren einpacken, wenn man als Unternehmen das Konzept der Nachhaltigkeit noch nicht verstanden hat“, sagt McFarlane. „Die KundInnen werden das übrigens so entscheiden und nicht die Regierung, die ist einfach zu langsam, was dieses Thema angeht.“
Bei Endura geht es einfach darum das Richtige zu tun. „Wir wollen nicht eines Tages zurückblicken und bereuen, dass wir nicht früher gehandelt haben“, meint Barclay. An dieser Stelle macht sie eine kurze Gedankenpause und fährt fort: „Das ist es, worum es letztenendes geht.“ Die Sache ist kein Experiment, an dem wir ein wenig herumbasteln und auch keine Marketingaktion. Es geht nicht darum eine Jacke aus Fischernetzen herstellen zu können. Wir müssen uns auf die echten Dinge konzentrieren, die unser Leben wirklich nachhaltig beeinflussen. Wenn wir den Klimawandel nicht stoppen, werden wir keine Welt mehr haben, die wir aufräumen können.“
FOOTNOTESWords by Janine Doggett, Photos by Eden Marketing. Endura Ltd, Livingston, UK
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